Dicke Brummer und zarte Geschöpfe

Ein Vortrag über Wildbienen

Referent: Dr. Theunert, Hohenhameln (07. Nov. 2014)

(wk) „Dicke Brummer und zarte Geschöpfe“ titulierte unser Referent, Herr Dr. Theunert, seinen Vortrag über Wildbienen, den er am 07. November 2014 im proppenvollen Jugendheim vor einer sehr interessierten Zuhörerschaft hielt, darunter auch eine ganze Reihe von aus Gästen aus Hildesheim und den umliegenden Gemeinden.

„Wild“ nennen wir die Bienen deshalb, weil der Mensch sie nicht, wie die Staaten bildende Honigbiene, für sich als „Haustier“ entdeckt hat. „Bienen“ aber eben doch, und die Weibchen tragen ebenfalls – wie andere Stechimmen - einen Wehrstachel. Den die Wildbienen allerdings – da sie keinen „Staat“ zu verteidigen hat – praktisch nur dann einsetzen, wenn es für sie um Leben und Tod geht. Ideal zum Beobachten also, weil man wirklich keine Angst vor Stichen haben muss.

 

Wildbienen bevölkern, ob wir uns nun dessen bewusst sind oder nicht, gemeinsam mit uns unseren Lebensraum. Eine nähere Beschäftigung mit ihnen ist ebenso interessant wie einfach, wir sollten sie also bewusst als „Haustier“ bei uns willkommen heißen.

 

Allein 350 verschiedene Arten sind in Niedersachsen – selbstverständlich mit regionalen Unterschieden –  beheimatet. Dr. Theunert zeigte uns zunächst exemplarisch, anhand welcher Kriterien man die Geschlechterbestimmung erfolgen kann und machte uns mit einigen häufig anzutreffenden Arten bekannt. Will man bestimmte seltenere Arten unter ihnen finden, so muss man sich zunächst mit den für sie typischen Lebensräum vertraut machen, denn teils sind Wildbienen ausgesprochene Spezialisten, wenn es um ihre Ansprüche geht, die sie an ihre Lebensräume stellen, teils sind die Vorkommen abhängig vom Vorhandensein ganz bestimmter Pflanzen.

 

Vielgestaltigkeit der Lebensräume heißt hier also das Zauberwort. Immer wieder begegnen wir diesem Begriff, wir uns als Naturschützer mit der Artenvielfalt beschäftigen. Denn richtig verstandener Naturschutz hat etwas mit der Erhaltung bzw. der Wiederherstellung reich strukturierter, unterschiedlicher Lebensräume zu tun. Fehlt der passende Lebensraum, ist der auf die Erhaltung einer bestimmten Art abzielende Naturschutz von vornherein zum Scheitern verurteilt.

 

Doch zurück zu unserem Vortrag: Dr. Theunert beließ es nicht dabei, uns einige charakteristische Arten sowie deren Lebensweise vorzustellen. Er schlug den Bogen über die Beschreibung artenspezifischer Lebensräume hin zu praktischen Hilfen, wie vor Ort, sei es innerörtlich oder in der Feldmark, jedermann etwas zum Erhalt bzw. zur Verbesserung der Lebensbedingungen für Wildbienen tun kann.

 

Abgerundet wurde der Vortrag durch einen höchst interessanten Exkurs in den Bereich der Umweltplanung, der Schnittstelle zwischen Naturwissenschaft und Recht. Schutzvorschriften für die bedrohte Natur existieren selbstverständlich bereits. Aber sie sind löchrig und können letztlich nur so gut sein wie die handelnden Personen, seien es die Gutachter in Planungsverfahren oder die Mitarbeiter der Genehmigungsbehörden. Abgesehen davon, dass wir weit davon entfernt sind, die komplexen Zusammenhänge in der Natur überhaupt zu verstehen.

 

Der Vortrag endete mit einer Vorstellung typischer Endemiten. Biologen bezeichnen damit jene Arten, die weltweit nur in einem kleinen Verbreitungsgebiet vorkommen. Endemiten sind aufgrund ihres kleinen Verbreitungsgebietes gegenüber Gefährdungen sehr anfällig. So kann die Zerstörung ihrer oft wenigen Vorkommen rasch zum weltweiten Aussterben von Endemiten führen. Aus diesen Gründen  kommt den Endemiten eine hohe Bedeutung im Schutz der biologischen Vielfalt zu.

 

Zu entdecken gibt es in unserem näheren Umfeld immer noch etwas. So war es unserem Referenten vergönnt, persönlich eine bislang noch nicht beschriebene neue Art zu entdecken, die andrena corssubalpina theunert.

 

An den Vortrag schloss sich eine inhaltlich sehr dichte Diskussion über die im Vortrag behandelten Themen an. Die Bedeutung der Untersuchung der Artenpopulationen in den Planungsverfahren war ebenso ein Thema wie die Befürchtung des Naturschutzes, dass – oftmals schlicht durch Unkenntnis – bei der Umgestaltung unseres Lebensumfeldes Fehler gemacht werden, die sich sehr nachteilig auf die Artenvielfalt auswirken. Leider war es uns nicht vergönnt, den einen oder anderen der Entscheidungsträger, die für die Grüngestaltung der Ortschaften zuständig zeichnen, an diesem Abend begrüßen zu dürfen. Dabei könnte ein solcher Vortrag leicht zum „Schlüsselerlebnis“ werden und einen neuen Blickwinkel eröffnen.

 

(Fotos: Dr. Theunert (vor der Überschrift); Kauer (unten)