Vortrag über die Waldameise

06.12.2013

Dass das Sammeln von Briefmarken mitunter bequemer ist als Hobby eines Naturforschers, ist den Mitgliedern des Naturschutzvereins bekannt. Dass man allerdings gezwungen ist, die Borsten auf dem Bruststück einer Waldameise zu zählen, um eine exakte Bestimmung durchführen zu können, war uns bislang nicht bekannt. Das lernten wir in unserer letzten Monatsversammlung eines jeden Jahres, die traditionell mit etwas Glühwein und Gebäck sowie einem interessanten Vortrag eines Referenten begangen wird.

 

In diesem Jahr war unser Naturfreund Manfred Röschel aus Segeste zu Gast, den wir bereits im Juni besucht haben (s. auf unserer Homepage unter „Vereinsleben“ den Beitrag vom 29.06.2013 „Die Wunderwelt der Ameisen“). Was uns Manfred Röschel anlässlich dieser Exkursion über seine Schützlinge, die Waldameisen, erzählt und vor Ort gezeigt hatte, war so interessant, dass wir uns bereits im Sommer entschlossen hatten, diese Thematik zu vertiefen. Manfred Röschel ist seit 39 Jahren Vorsitzender des Vereins „Schutzgemeinschaft Wald und Flur“ in Segeste (dieser Verein wiederum ist korporatives Mitglied in OVH und NABU) und im Vorstand des Vereins Deutsche Ameisenschutzwarte e.V.

 

Gibt es weltweit etwa 8500 Vogelarten, so sind derzeit ca. 12.000 Ameisenarten bekannt. Die Biomasse der weltweit lebenden Ameisen entspricht in etwa derjenigen der Menschen.

 

Gleichwohl spielt sich das Leben der Ameisen ganz überwiegend im Verborgenen, unbemerkt vom Menschen ab, gäbe es nicht Spezialisten wie unseren Referenten, der sich intensiver mit dieser Lebensform beschäftigt.

Ameisen bilden Staaten. Es handelt sich dabei um Gebilde, die auch oft als „Superorganismus“ bezeichnet werden. Die „normale“ Ameise verzichtet auf eigene Nachkommen, hierfür sind allein die Königinnen zuständig. Die normale Ameise fristet ihr Dasein als Arbeiterin. Sie übernimmt im Rahmen eines arbeitsteiligen Geschehens in ihrem Staat klar definierte Aufgaben. Sie kommuniziert mit ihren Artgenossen mittels bestimmter Geruchsstoffe (Pheromone).

 

Die von Manfred Röschel vorgestellten Waldameisen sind Teil eines ökologischen Netzes. Wegen der Umlagerung, Durchmischung und Durchlüftung von Bodenmaterial fördern sie die die Humusbildung und vereinfachen es Pflanzen, auf Brachlandschaften ein Wurzelsystem aufzubauen. Die Waldameise trägt die Samen von rund 150 Pflanzenarten durch die Natur. Von den Pflanzen werden sie dazu animiert, indem die Samen an schmackhafte Anhängsel (Elaiosome)angeheftet sind, quasi als Belohnung für den erfolgten Transportdienst.

Ameisen bestreiten ihren Energiebedarf zu 62% von Pflanzennektar (Honigtau), und nur von 33% von Insekten und Spinnen.

 

Ameisen bauen Aas und faules Holz ab „Waldpolizei“). Sie vertilgen mit ihrem effizienten Jagdverhalten große Mengen von waldschädlichen Schadinsekten. Einige Tiere sind in ihrer Entwicklung evolutionsbedingt auf die Anwesenheit von Waldameisen angewiesen. Überhaupt nimmt die Biomasse an Stellen zu, wo die Waldameise lebt. Dies liegt daran, dass der von Blattläusen produzierte und von Ameisen gern geerntete Honigtau auch Energiequelle für andere Lebensformen ist.

Waldameisen selbst bilden ein wichtiges Glied in der Nahrungskette, zum Beispiel für verschiedene Spechtarten, andere Insektenarten und größere Säugetiere.

 

Wer sich näher für die Waldameisen interessiert, sollte tatsächlich einmal versuchen, mit einer starken Lupe (min. 20fach) die Borsten zu zählen:

Die wenigsten Borsten hat die – der Name sagt es schon – Kahlrückige Waldameise. Sie hat weniger als 15 Borsten. Diese Art baut Tochternester, ein Staat kann 5000 Königinnen haben.

Zwischen 15 und 30 Borsten weist die Rote Waldameise auf. Sie begnügt sich mit einer Königin. Stirbt diese, so stirbt der ganze Staat ab.

Und hat Ihr Exemplar deutlich mehr Borsten, so dürfte es sich um die Wiesen-Waldameise handeln. Diese leistet sich bis zu 300 Königinnen.

 

Dank an Herrn Röschel für seinen sehr interessanten Vortrag über die Waldameise. Wir werden seinem Verein im nächsten Jahr einen weiteren Besuch abstatten.