Fledermausschutz

(wk) Welche Fledermausarten gibt es in unseren Ortschaften ?

 

Wo halten sie sich bevorzugt auf ?

 

Wie können wir sie und ihre Wochenstuben schützen ?

 

Der Naturschutzverein hat sich vorgenommen, diesen Fragen vertieft nachzugehen. Denn Fledermäuse sind zwar unentbehrliche "Requisiten" eines jeden Filmemachers, der auf den "Gruselfaktor" setzt. Mitnichten findet man Fledermäuse allerdings in der alten, zugigen Scheune, wo wir sie vermuten würden. Sie leben lieber mitten unter uns, bevorzugen unsere warmen und zugfreien Häuser.

 

 

Mit 2 eigens deshalb neu angeschafften Detektoren soll zunächst versucht werden, etwas zur Bestandserfassung beizutragen. Eine Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit wird folgen, wobei besonderes Schwergewicht darauf gelegt werden wird, auch unseren NaturKids diese Thematik nahe zu bringen. Um das Thema "Fledermaus" als nächtlicher Jäger ranken sich seither viele Mythen und Geschichten. Fledermäuse dürfen in keinem Film fehlen, der es darauf anlegt, bei den Zuschauern eine Gänsehaut zu erzeugen. Wir werden das Thema aus dieser Ecke holen und wissenschaftlich angehen. Denn die nächtlichen Insektenjäger sind völlig harmlos und entpuppen sich bei genauerer Betrachtung als faszinierende Geschöpfe, die dank Echoortung auch im Dunkeln zielgenau ihren Weg finden.

 

Fledermäuse zählen in Mitteleuropa zu den am stärksten gefährdeten Tiergruppen - die Vernichtung von Wochenstuben und Winterquartieren und der Rückgang geeigneter Jagdbiotope, oft kombiniert mit dem Einsatz von Insektenbekämpfungsmitteln, macht ihnen das Leben schwer. 

 

Bekannt sind

- weltweit 1232 Arten dieser Wildtiere.

- 51 Arten davon leben in Europa,

- 25 in Deutschland,

- 18 Arten in Niedersachsen,

- 16 in unserer Region

(Zahlen lt. Ehel. Passior, Vortrag v. 28.08.2012).

 

 

Fledermäuse sind Säugetiere. Sie gehören zur Ordnung der Fledertiere. Üblicherweise wird diese Ordnung in zwei Unterordnungen geteilt, in die Flughunde und die Fledermäuse. Nach vorliegenden Ergebnissen genetischer Untersuchungen ist jedoch noch einiges bei der Zuordnung streitig.

 

Während sich Flughunde meist mit den Augen und der Nase orientieren, hilft den Fledermäusen die Echoortung. Sie stoßen Schallwellen durch ihr Maul oder ihre Nase aus und bilden ihre Umgebung anhand der reflektierten Echos ab. Die Arten, die ihre Nase benutzen, haben oft auffällige Nasenblätter, um den Schall zu bündeln. Das Gehör der Fledermäuse ist auf die Frequenz der Echos abgestimmt. Manche Arten achten auch auf die von der Beute erzeugten Geräusche.

 

Das Ausstoßen der Schallwellen hilft uns wiederum bei der Ortung der Tiere mittels Detektoren.

 

Fledermäuse sind sehr gesellige Tiere, die zu Hunderten oder Tausenden, in Ausnahmefällen auch Millionen von Tieren zusammenleben. Sie schlafen in Bäumen, Höhlen, Gebäuden, Bergwerken und unter Brücken.

 

In den 60er Jahren waren Fledermäuse durch den ungehemmten Einsatz von Pestiziden schon nahezu ausgerottet.

 

Die Arten gemäßigter Lebensräume ziehen im Winter in wärmere Gebiete oder überwintern. Sie können auch in Starre verfallen, wenn die Nahrung zu anderen Jahreszeiten knapp wird. Viele Anpassungen haben sich in Bezug auf die Reproduktion entwickelt, wie Spermaspeicherung, verzögerte Befruchtung und verzögerte Einnistung, damit die Jungen zur richtigen Jahreszeit geboren werden.

 

Relativ gut erforscht sind in unserer Region die den Stichkanal begleitenden Gehölzstreifen sowie die dortigen Waldgebiete. Anlässlich der Erstellung der sog. Umweltverträglichkeitsstudie im Zuge der Planungen zum Kanalausbau sind die Fledermauspopulationen  durch die Fa. Biodata im Jahre 2008 (Februar nis November) untersucht worden, da Fledermäuse generell eine sehr hohe Schutzbedürftigkeit aufweisen. Allen untersuchten Teilbereichen entlang des Kanals ist schon aufgrund dieses Umstandes eine "höhere Bedeutung" zuzumessen. Das festgestellte Artenspektrum kann nach den getroffenen Untersuchungen als nahezu vollständig angesehen werden. Die Bedeutung des Stichkanals für Fledermäuse nimmt tendenziell von Nord (mittlere Bedeutung) nach Süd (bis hin zu sehr hoher Bedeutung) zu. Wer sich für Fledermäuse interessiert, für den ist das Kanalgebiet eine wahre "Fundgrube".

 

Was können wir aber für die Fledermäuse in unseren Ortschaften, unserem unmittelbaren Lebensumfeld, tun ?

 

Fledermäuse in Dorf und Umgebung

Viele Fledermäuse sind Gebäudebewohner. Daher haben Hauseigentümer, Gemeinden und Kirchen große Verantwortung im Fledermausschutz.
 •       Bekannte Fledermausquartiere schützen. Ganz besonders bei Renovierungen Rücksicht nehmen, Störungen vermeiden und Hangplätze erhalten!
 •       Keine Holzschutzmittel oder Schädlingsbekämpfungsmittel in Fledermaus- quartieren verwenden.
 •       Tagesunterschlupfe und Fledermauskästen anbringen, verschlossene Dachböden zugänglich machen.
•       Gärten naturnah bepflanzen: Fledermäuse brauchen nicht nur geeignete ungestörte Sommer- und Winterplätze, sondern auch genügend Insekten als Nahrung. Insekten sind wiederum auf ganz bestimmte Futterpflanzen angewiesen, die sie vor allem unter einheimischen Pflanzen finden. „Fledermausgärten“ sind vielfältig bepflanzt mit unterschiedlich großen Sträuchern und Bäumen, in denen von März bis November kontinuierlich verschiedene Pflanzen blühen und fruchten und so die notwendigen Lebensgrundlagen für eine Vielzahl von Beuteinsekten bieten.
 •       Offene Wasserflächen, Hecken und Gehölze sind wertvolle Lebensräume im Siedlungsgebiet bzw am Siedlungsrand und gleichzeitig wichtige Jagdbiotope für Fledermäuse. Einzelne, isolierte Naturinseln nützen allerdings wenig – damit sich Fledermäuse dauerhaft ansiedeln können, ist ein ausreichender Jagbiotop-Verbund im und um Dörfer wichtig.

 

 

Mit unseren neuen Fledermausdetektoren sind wir nunmehr in der Lage, uns intensiver mit dem Thema "Fledermäuse in unseren Ortschaften" zu befassen. Aufgefallen ist bei Kontrollen, dass der "Luftraum" in Borsum nicht gerade von Fledermäusen überbevölkert erscheint. Hier machen sich in erster Linie die Zwergfledermäuse bemerkbar.

 

Als Naturschutzbeitrag im Dorferneuerungsverfahren haben wir am 07. Juli 2012 nach früherer Abstimmung mit Gemeinde, Ortsrat und ABV an dem Gebäude des Jugendheimes sog. Fledermausbretter angebracht. Das sind hölzerne Behausungen, die Fledermäusen Unterschlupf bieten und die Abnahme natürlicher Schlafplätze auszugleichen versuchen. Wir hoffen, dass die vorhandenen Dorfstrukturen noch gut genug sind, um den Populationen ein Überleben zu sichern und die Fledermäuse zum Verbleib animieren.

Fotos: min. 2 m "Fallhöhe" müssen unter dem Fledermausbrett zur Verfügung stehen, um den Fledermäusen genug Luftraum für Einflug und Start zu bieten. Auch die Fledermausbretter selbst sollten bestimmten Anforderungen genügen, um als "fledermausgeeignet" eingestuft werden zu können. Nähere Informationen gibt es beim Naturschutzverein und im Internet.

Fledermäuse im Wald

Der Lebensraum Wald wird – wenn auch in unterschiedlicher Form – von allen heimischen Arten genutzt. Manche Fledermausarten jagen über dem Waldboden und der Krautschicht, andere in der Strauchschicht und wieder andere in der Stamm- und Kronenschicht. Einige Arten nutzen Baumhöhlen als Wochenstubenquartiere.
 •       Standorttypische Baumarten fördern und auch Sonderstandorte berücksichtigen.
 •       Naturverjüngung ermöglichen.
 •       Unterschiedliche Altersklassen durchmischen und Lichtungen schaffen.
 •       Lokal Umtriebszeit erhöhen und Überhälter, Baum-, Alt- und Totholz in angemessenem Ausmaß stehen lassen.
 •       Spechtbäume und damit Fledermausbäume fördern.
 •       Windwurfflächen der natürlichen Sukzession überlassen.
 •       Stufige und natürlich verlaufende Waldränder fördern.
•       Mit Fledermauskästen kann das natürliche Quartierangebot verbessert werden.

 

 

Fledermäuse im Keller

Höhlen zählen zu den natürlichen Fledermausquartieren und werden auf Grund ihres Mikroklimas von vielen Arten zur Überwinterung genutzt. Aber auch Stollen, Tunnel und Keller entsprechen als von Menschen gemachte Höhlen den Ansprüchen der Fledermäuse.
 •       Störungen vermeiden.
 •       Müssen Eingänge aus Sicherheitsgründen versperrt werden, „Feldermaus-Gittertore“ anbringen. Der Abstand zwischen den Metallstäben dieser robusten Gitterkonstruktionen ist so groß, dass Fledermäuse problemlos durchfliegen können – entscheidend ist vor allem der Abstand zwischen den Vertikalverstrebungen. Das Mindestmaß für einen freien Durchflug beträgt 50 cm in der Horizontalen (Mausohren haben eine Flügelspannweite von 40 cm) und 11 bis 15 cm in der Vertikalen.
•       Sollen unterirdische Räume für Fledermäuse zugänglich gemacht werden, ist zu berücksichtigen, dass Winterquartiere forstfrei und feucht sein müssen. Wichtig sind zudem griffige Decken und Wände mit vielen Versteckmöglichkeiten in Ritzen und Spalten.

 

 

 

Fledermäuse und Windenergieanlagen (WEA)

 

Fledermäuse und Windenergietanlagen vertragen sich nicht. Für den Naturschutz ein Spannungsfeld, denn was der Erzeugung regenerativer Energie nützt, ist für die Fledermäuse eine tödliche Gefahr. Nicht nur im direkten Kontakt mit den Rotorblättern einer WEA, sondern bereits in der Nähe der Rotorblätter. Die physikalischen Effekte sind in nachstehend verlinkter Abhandlung, die sich sehr kritisch mit der Problematik auseinander setzt, näher beschrieben:

 

http://www.eike-klima-energie.eu/uploads/media/Windraeder_toeten.pdf

 

 

Nicht alle Fledermausarten sind gleichermaßen gefährdet. Nachstehend eine tabellarische Auflistung (erstellt nach einem Vortrag der Eheleute Anja und Karsten Passior vom 28.08.2012):

 

 

Zwergfledermaus sehr stark gefährdet
Mückenfledermaus wenig gefährdet
Rauhautfledermaus sehr stark gefährdet (ziehend)
Bartfledermaus nicht gefährdet
Brandtfledermaus nicht gefährdet
Wasserfledermaus nicht gefährdet
Teichfledermaus nicht gefährdet
Fransenfledermaus nicht gefährdet
Bechsteinfledermaus nicht gefährdet
Braunes Langohr nicht gefährdet
Graues Langohr nicht gefährdet
Zweifarbfledermaus sehr stark gefährdet
Breitflügelfledermaus gefährdet
Großer Abendsegler sehr stark gefährdet
Kleiner Abendsegler sehr stark gefährdet
Großes Mausohr nicht gefährdet

 

 

Die unterschiedlichen Gefährdungsgrade erklären sich aus den von den Fledermäusen genutzten Lebensräumen und ihrem Flugverhalten. So sind sehr niedrig fliegende Fledermäuse natürlich weniger gefährdet als solche, die in Höhe der Rotoren unterwegs sind.