(wk) Der ca. 17 km lange Bruchgraben entspringt als Dingelber und Dinklarer Klunkau (Zusammenfluss bei Schellerten) und mündet bei Sarstedt in die Innerste.
Früher begleiteten den in einer Eiszeitrinne mäandrierenden, wahrscheinlich fischreichen Bördefluss Auwälder, sumpfige Wiesen und Weiden. Die Landschaft bildete ein natürliches Überschwemmungsgebiet. Den ganzen Sommer hindurch bis spät in den Herbst hinein belebten Viehweiden die busch- und baumreiche Landschaft. Die „Herrenwiese“ mit ihrem heutigen Obstbaumbestand erinnert noch an die ausgedehnten Weideflächen.
Das Bruchgrabengebiet von Nettlingen bis Sarstedt hatte schon immer einen wesentlichen Anteil an der Gestaltung des hiesigen Landschaftsbildes.
Ab etwa 1850 wurden die Auenbereiche bis auf wenige Restflächen in Ackerland umgewandelt und zur Verhinderung von Hochwasserlagenvertieft und begradigt.
So wirkt der Bruchgraben heute „kanalisiert“ und zeigt nur noch an wenigen Stellen annähernd natürliche, strukturreiche Abschnitte.
Trotz ganz überwiegend naturferner Gestaltung handelt es sich um einen aus Sicht des Naturschutzes sehr wertvollen Bereich in der ansonsten ausgeräumten Bördelandschaft. Von Störungen abgeschirmte Bereiche bieten für eine Reihe von Greifvögeln (Rot- und Schwarzmilan sowie Bussard) wichtige Brutgebiete. Auch Nachtigall, Silberreiher (als Wintergast), diverse Entenarten (insbesondere Stock- und Reiherente) und Eisvogel finden hier einen artgerechten Lebensraum.
Das Schilfwachstum im Bruchgrabenverlauf verlangt von den zur Unterhaltung des Gewässers Verantwortlichen immer wieder Pflegearbeiten, die wegen der erforderlichen Entsorgung des gemähten Schilfes nicht unerhebliche Kosten verursachen.
Um das Schilfwachstum einzudämmen, wurden im Bereich zwischen Stichkanal und Bründeln des Bruchgrabens in den vergangenen Jahren Arbeiten zur Umgestaltung des Gewässers vorgenommen. Parallel zum Flurbereinigungsverfahren Algermissen ist dies auf der Grundlage eines Wasserrechtsverfahrens des Landkreises Hildesheim geplant worden. Den Unterlagen (eine Verbandsbeteiligung des Naturschutzes ist uns nicht bekannt) ist zu entnehmen, dass es Ziel des Verfahrens war, einen Randstreifen südlich des Bruchgrabens in einer Breite von 10m auszuweisen und den Bruchgraben auf einer Länge von rd. 1,5 km und einer Breite von 10 – 60 m „naturnah“ zu gestalten. Es haben erhebliche Bodenbewegungen und Neuanpflanzungen stattgefunden.
Die „Wiederbesiedlung“ des nach den Bodenbewegungen verbliebenen „nackten“ Bodens durch Fauna und Flora ist für unseren Verein ein interessanter, weil in diesem flächenmäßigen Ausmaß in unserer Gegend selten zu beobachtender Vorgang. Vereinsmitglieder unserer Ortsgruppe und derjenigen der benachbarten Gruppe Alpe-Bruch suchen die Fläche regelmäßig auf und machen interessante Tier- und Pflanzenbeobachtungen.
Seppel Quante berichtete bereits Ende März und im Verlaufe des Monats April vereinsintern über interessante ornithologische Sichtungen in diesem Gebiet. Neben Rehwild beobachtete er im Frühjahr Feldsperlinge, Rohrammer, Schwarzkehlchen, Schaf- und Bachstelzen sowie Flussregenpfeifer, Stockente und Zilpzalp. Von seinen Beobachtungen fertige er nachstehende Fotos:
Wir haben deshalb am 14.07.19 speziell für diese Gegend eine Exkursion geplant und mit zahlreichen Interessierten durchgeführt.
hier geht es zur Folgeveranstaltung im Jahr 2020
Der Bereich des Bruchgrabens unweit Günters Tränke bis zur Bahnlinie wurde begangen (Fotos: S. Quante u. W. Kauer)).
Folgende ornithologische Beobachtungen wurden anlässlich des Rundgangs notiert (nicht vollständig):
Buntspecht, Stieglitz, Mönchsgrasmücke, Rot- und Schwarzmilan, junge Teichhühner, Mauersegler, Graureiher, Rotkehlchen, Rohrweihe, Neuntöter, Mehlschwalbe, Turmfalke.
Einige Fotos von den Teichhühnern (S. Quante)
Von besonderem Interesse waren an diesem Tage jedoch die botanischen Beobachtungen, die Anlass geben werden, diese Exkursion in jährlichen Abständen zu wiederholen, um die weitere Entwicklung des Gebiets zu verfolgen. Die Blühpflanzen ziehen auch die Schmetterlinge an, so zB den Distelfalter (Fotos: S. Quante):
Eine systematische Kartierung der Fläche hat nicht stattgefunden. Die insoweit nicht vollständige Beobachtungsliste lautet wie folgt:
Echte Kamille (matricaria chamomilla/recutita) |
Starker Kamillegeruch; wächst auf Äckern und Ruderalstellen (Korbblütler) |
Quecke (Elymus/Agropyron repens) |
Süßgras, Standort: Ödland, Gärten, Äcker) |
Raukenblättriges Kreuzkraut (auch: Raukenblättriges Greiskraut genannt) (Senecio erucifolius) |
Magerböden, giftig |
Gänsefuß (Chenopodium) |
Art nicht näher bestimmt („Ackerunkraut“) |
Igelkolben (Sparganium) |
Art nicht näher bestimmt (Wasserpflanze) |
Eselsdistel (Onopordum acanthium) |
Wegränder, unbebaute Platze, graufilzige Pflanze |
Geruchlose Kamille (Tripleurospermum inodorum)
|
Äcker, Ruderalstellen |
Ehrenpreis (Veronica) |
Art nicht näher bestimmt |
Breit-Wegerich (Plantago major) |
Wege, Schuttplätze |
Wilde Karde (Dipsagus sylvestris) |
Ufer, Auwälder, Wegränder |
Kleiner Orant (= Kleines Leinkraut) (Chaenorhinum minus) |
„Ackerunkraut“, findet sich heute aber meistens an Straßenrändern, auf Bahnanlagen und in aufgelassenen Steinbrüchen |
Bittersüßer Nachtschatten (Solanum dulcamara) |
Feuchte Gebüsche, Auwälder |
Kanadisches Berufskraut (Katzenschweif) (Erigeron canadensis) |
Äcker, Kahlschläge, Ruderalstellen |
Gewöhnlicher Wolfstrapp (Lycopus europaeus) |
Sumpfige Orte |
Schwanenblume (Butomus umbellatus) |
Verlandungszone stehender und fließender Gewässer (in Nds. Gefährdet; RL Nr. 3 |
Wasserknöterich (Polygonum amphibium) |
Stehende oder langsam fließende Gewässer; Ufer; feuchte Äcker) |
Fenchel (Foeniculum vulgare) |
|
Gewöhnliches Bitterkraut (Picris hieracioides) |
Wiesen, Wald- und Wegränder, Ödland Im Gegensatz zum Löwenzahn sitzt der „Schirm“ (pappus) direkt auf der Frucht; |
Wasserdost (Eupatorium cannabinum) |
Feuchte Waldstellen und Kahlschläge, Gräben, Ufer |
Hinweis: im Jahre 2020 ist am 24. Mai eine botanische Artenerfassung durchgeführt worden. Die vollständige Liste (ca. 100 Arten) ist im geschützten Mitgliederbereich einsehbar.
Die nachstehende kleine Fotogalerie zeigt - in botanischer Hinsicht - den Zustand von 7/2019:
Fotos: Quante und Kauer)