Zitiert aus:

Ortsheimatpflege Harsum (Hrsg.); Geschichte des Dorfes Harsum 1022 – 1930; Harsum 1995 (S. 99 – 104)

 

Große Aufregung veranlaßte unter den Bewohnern der Dörfer von Sehnde bis Hildesheim der Bau des Stichkanals. Schon seit Jahren ging das Gerücht vom Bau eines solchen, aber niemand wußte, welche Orte er berühren werde. Es waren zwei Linien geplant, die eine von Linden-Hannover über Sarstedt nach Hildesheim, die andere von Sehnde über Algermissen-Harsum nach Hildesheim.

Der Stichkanal sollte Hildesheim an den bis Hannover fertigen Mittellandkanal anschließen. Die Stadt Hildesheim versprach sich große wirtschaftliche Vorteile von diesem Stichkanal. Weniger groß war die Begeisterung in den Orten, welche vom Kanalbau getroffen, wertvolle Ländereien zu dem Bau desselben abtreten mußten. Die Spannung über die Linienführung des Kanals wurde gelöst, als am 21.1.1919 der Regierungspräsident Fromm als Demobilmachungskommissar auf Grund des Gesetzes über vereinfachtes Enteignungsverfahren vom 17.11., resp. 11.12.1918 die Enteignung eines Gebietes von 1 km zu beiden Seiten der Kanallinie in den anliegenden Dörfern anordnete. Jetzt wußte man, wer der Leidtragende sein würde. Sofort setzte die Agitation der beteiligten Dörfer gegen den Kanalbau ein. Sehr eilig hatte es das Kanalbauamt Hildesheim, welches schon am 17.01.1919 drängte, dieArbeiten zu beginnen, obwohl der Plan der Linienführung noch gar nicht förmlich festgelegt war. Die Bewohner der in Betracht kommenden Dörfer erschwerten die Vorarbeiten dadurch, daß sie sich weigerten, den Arbeitern Quartier zu geben. Am 21.6.1919 bekam der Reg.-Präsident vom Oberpräsidium, Abteilung für Vorarbeiten zum Kanalbau, den Auftrag, das zum Bau des Kanals in Harsum nötige Gelände vorläufig einzuweisen. Damit war Harsum auf den Plan gerufen. Die zunächst beteiligten Ortschaften Bolzum, Lühnde, Kl. Algermissen, Harsum und Hasede schickten in der zweiten Hälfte des Juli 1919 eine Abordnung an den Minister für öffentliche Arbeiten in Berlin; diese wurde nach drei Richtungen hin vorstellig.

1. Man erhob Einspruch gegen den Bau des Kanals überhaupt, weil er zu kostspielig und für das industriearme Hildesheimnicht nötig sei. Es gingen 7 - 800 Mrg. besten Ackerlandes verloren; die 20 – 25 Millionen Mark Anlagekapital würden sich durch den Kanal nie verzinsen. Der Ministerialdirektor Sympfer machte den Einwand, daß durch den Kanalbau als Notstandsarbeit die Arbeitslosen der umliegenden Städte Beschäftigung fänden. Die Abordnung hielt dem entgegen, daß schon jetzt bei den Vorarbeiten der Andrang aus Hannover und Hildesheim gering sein, so daß die Unternehmer die Erdarbeiter aus allen Gegenden zusammentrommelten.

2. Verlangte die Abordnung, daß bei der Festlegung der Linienführung des Kanals die Wünsche der einzelnen Gemeinden bezüglich der zu verlegenden Wege und wegen des Einflusses des Kanals auch die Wasserverhältnisse berücksichtigt würden.

3. Algermissen, Harsum und Hasede verlangten für das zum Kanalbau abzutretende Land durch Landzuweisung von der Domäne Harsum und vom Stadtgut Steuerwald.

In einer stark besuchten Versammlung der beteiligten Dörfer in Algermissen am 29.7.1919 berichtete die Abordnung über den Erfolg ihrer Vorstellung. Besonderen Unwillen erregte es, als bekannt wurde, daß das Kanalbauamt einen Durchschnittspreis von 1500.-Mk. pro Morgen nebst Zuschlag von 900.- Mk. zahlte, während der Staat als Eigentümer der Domäne Harsum von Kriegsbeschädigten 5000.- Mk. pro Morgen Siedlungsland verlangt habe und erst nach langen Verhandlungen auf 4200.- Mk. herabgegangen sei. In Lühnde und Bolzum hatte man unter Androhung der Enteignung 2400.- Mk. pro Morgen gezahlt.

Es wurde eine Kommission zur dauernden Interessenvertretung der anliegenden Gemeinden gewählt: Liehe-Bolzum, Aug. Rautenberg-Lühnde, Algermissen- Algermissen, Giele-Harsum, Wiechens-Hasede. Vorsitzender war Algermissen.

A.n den Minister der öffentlichen Arbeiten ging folgendes Telegramm ab:

„Die heute in Algermissen versammelten Vertreter der Dörfer Bolzum, Lühnde, Kl. Algermissen, Harsum und Hasede erheben erneut Einspruch gegen den jetzt beabsichtigten Ausbau des Stichkanales nach Hildesheim. Sie halten es für unerhört, daß in einer Zeit, wo von Siedelungen die Rede ist, zugunsten einer industriearmen Stadt so vielen armen Leuten das Land genommen wird."

Dieser Kommission arbeitete entgegen ein „Ausschuß zur Förderung der Stichkanäle Hildesheim und Peine", dem auch die Stadt Hildesheim und die Handelskammer sowie mehrere Banken angehörten.

Am 30.7.1919 wurden die Einwendungen Harsums gegen den Entwurf des Zweigkanals an Ort und Stelle verhandelt in Gegenwart von Vertretern der Regierung, des Landrats des Kreises Hildesheim-Land, der beteiligten Gemeinde-Vorsteher, des Domänenpächters Lambrecht und mehrerer Landwirte. Harsum verlangte, daß der Kanal südlich der Grubenbahn der Gewerkschaft Siegfried-Giesen unmittelbar an die Gemeindegrenze gelegt werde. Dem Antrage könne nicht entsprochen werden, da sonst durch die anschließende Strecke in der Gemarkung Hasede die dortigen Ländereien zu ungünstig durchschnitten würden.

Die ganze Erregung der Harsumer machte sich in einer Zuschrift vom 05.8.1919 in der Kornacker'schen Zeitung Luft. Es heißt darin:

Die Erregung über den Bau des Stichkanals wächst in unseren Dörfern von Tag zu Tag, und daran ist die Regierung nicht ohne Schuld. Wäre es denn nicht angezeigt gewesen, einmal die anliegende Bevölkerung zu fragen, wie sie sich dazu stelle, und sich mit ihr vorher zu einigen? Sie hat es unterlassen, sie hat dem Anschein nach noch nicht begriffen, dass wir in einem Volksstaate leben; sie glaubt noch immer, mit derselben bürokratischen Machtvollkommenheit verfahren zu dürfen und denkt nicht daran, dass die letzten Jahre auch an der ländlichen Bevölkerung nicht spurlos vorbeigegangen sind. Es war ein Fehler, dass sie unser Landvolk als null betrachtete und mit den Vorbereitungen zum Kanalbau begann, ehe eine Einigung erzielt war. Und dann kam noch hinzu, wie die Herrschaften in unseren Kornfeldern wirtschafteten. Es ist noch nicht allzuviel Zeit verflossen, da wurde allen, nicht allein den Landbewohner, sondern auch den Städtern, eingebleut, die Kornfelder zu schonen, die Aehren nicht zu knicken und zu zertreten, das bebaute Feld wie etwas Heiliges zu betrachten. Manche Mahnung war darüber in der Zeitung zu lesen, und mancher Lehrer schwang den Stock, wenn Kinder seine Mahnung vergassen. Aber was die Regierung damals anordnete, war das nur für andere? Heute wenigstens sind wir Zeuge, wie ihre Beauftragten durch unsere Weizenfelder hinund hergehen, darin ganze Wege bahnen, Pfähle schlagen, Gleise legen, wie sie das noch unreife Korn niederlegen usw. Hätte man denn nicht noch etwas warten können? Und wenn der Arbeitsdrang sie quälte, konnten sie nicht anderwo beginnen? Und die Entschuldigung? Man frage die Bolzumer, wie man sie behandelt hat. Aber, was wohl allem die Krone aufsetzt und was allein schon die Erklärung geben könnte, das ist die Art, wie man die Entschädigungsfrage behandelte. Ich hörte einmal, wie ein Kanalbeamter in eine Versammlung von Landleuten hineinrief: "Die Regierung ist kein Spitzbube und kein Räuber!" Das hatte niemand behauptet, und auf den geschmackvollen Gedanken wäre keiner von den Anwesenden gekommen. Aber was denkt man zu folgendem. In unserer Gemeinde sollte von der Regierung von den Grundstücken der Domäne ein Morgen Land für Siedelungszwecke erworben werden. Man hätte erwarten sollen, da wäre sie auch im Preis etwas entgegengekommen, zumal es sich um Kriegsbeschädigte handelte, die sich auf dem Grundstück anzubauen gedachten. Aber sie forderte 5000.- Mk., und nur nach heftigen Vorstellungen ging sie auf 4200.- Mk. herab. Und nun das Gegenstück: Zum Kanalbau fordert sie von den anliegenden Dörfern ihr hochkultiviertes Ackerland, und da bietet sie 2300.- Mk. Alle Bitten und alle Hinweise darauf, dass in unserer Gegend der Morgen mit 5 - 6000.-Mk. verhandelt worden, dass dafür in einzelnen Fällen noch mehr gegeben würde, waren bisher ganz umsonst. Was glaubt wohl die Regierung, was die armen Leute, denen der Acker genommen werden soll, mit dem Gelde beginnen können? Selbst wenn sie es wollten, was allerdings hier nicht der Fall ist, Grundstücke zu käuflichem Erwerb zur Verfügung ständen, könnten sie diese dafür nicht kaufen. Soll der Stichkanal wirklich gebaut werden, und hat die Regierung soviel Geld, um ungezählte Millionen wegzuwerfen, dann muss sie der Bevölkerung gegenüber andere Wege einschlagen. Heute ist diese entschlossen, das Äusserste aufzubieten, um ihn zu verhindern. Wir fürchten, Hildesheim hat mit seinem Kanal Geister gerufen, die sie sobald nicht los wird. Auch die Geschäftswelt wird es zu spüren bekommen. Wenn wir recht unterrichtet sind, finden bereits auf den umliegenden Dörfern Besprechungen statt, um der Stadt Gleiches mit Gleichem zu vergelten.

Am 7. und 8. August 1919 fanden die Verhandlungen mit den einzelnen Gemeinden statt, so am 8.8.1919 zu Steuerwald mit Harsum. Es waren gegenwärtig Vertreter des Ministers der öffentlichen Arbeiten und der Landwirtschaft, der Kanalbauverwaltung Hannover, Vertreter der Regierung Hildesheim, der Stadt Hildesheim und der Handelskammer sowie die beiden Abgeordneten Blank und v. Wangenheim. Seitens der Vertreter des Ministers wurde erklärt, es sei anzustreben, daß die betroffenen kleinen Besitzer durch anzukaufendes Gelände größerer Besitzer oder durch Land von der Domäne Harsum und des städtischen Gutes Steuerwald entschädigt würden. Der Domänenpächter Lambrecht weigerte sich, weiteres Land abzutreten, da er bereits solches für den Kanalbau abgetreten habe. Der Vertreter der Domänenverwaltung stellte in Aussicht, daß nach Ablauf der noch 5 Jahre dauernden Pachtzeit eine Besiedelung der Domäne Harsum möglich sei, wobei in erster Linie die Grundeigentümer der am Kanal am meisten betroffenen Gemeinden berücksichtigt werden sollten.

Als Ablösung des Kali-Mutungszinses wurde das 12-1/2-fache des von den Werken gezahlten Wartegeldes, beim Kali-Förderzins das 10-fache des bisher gezahlten Zinses in Rechnung gestellt; doch waren die Eigentümer damit nicht zufrieden.

Die Ablagerungen am Kanal sollten durch Aufbringung von 45 cm Mutterboden wieder in Ackerland verwandelt werden.

Auf die Beschwerde, daß sich die Regierung vorher mit den Gemeinden hätte ins Einvernehmen setzen müssen, wurde geantwortet, die plötzliche Auflösung des Heeres habe es nötig gemacht, sofort Arbeitsmöglichkeiten in großem Umfange zu beschaffen.

Harsum verlangte die Verlegung des Kanals über die Gemeindegrenze hinaus, nach Klein-Förste zu. Hasede forderte Verlegung auf die östliche Grenze nach Drispenstedt zu; doch war das nicht möglich, da das Gelände dort zu hoch ansteigt; man versprach jedoch Rücksicht auf die Haseder Wasserverhältnisse.

Die Beteiligten und die beiden Abgeordneten Blank und v. Wangenheim erklärten, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln gegen den Bau des Kanals sich zu wehren. Sie wollten nicht ihren Grund und Boden für den Kanal hergeben, der nur der Stadt Hildesheim zugute komme, um nachher als Proletarier in die Stadt getrieben zu werden. Die vom Oberbürgermeister Dr. Ehrlicher betonte Wirtschaftlichkeit des Kanals wurde von den beiden Abgeordneten bezweifelt. Man verlangte sofortige Entschädigung und Land und nicht erst nach 5 Jahren, wenn die Domäne Harsum frei werde.

Seitens der Regierung wurde zugesagt, mit einer gewählten Kommission der Interessenten unter Hinzuziehung von Vertretern der Stadt Hildesheim, sowie der beiden Abgeordneten möglichst innerhalb der nächsten 14 Tage Klarheit zu schaffen bezüglich des Kanalprojekts. Bis dahin sollten nur die allernotwendigsten Weiterarbeiten verrichtet und insbesondere jeder Flurschaden vermieden werden.

 

Am Schluß der Versammlung in Steuerwald erschienen Vertreter der Arbeiter am Kanal und protestierten gegen die Einstellung der Arbeiten zugunsten der größeren Besitzer. Sie betonten, daß die kleinen Besitzer an der Agitation gegen den Kanalbau nicht beteiligt seien. Die Arbeiter fürchteten, durch Einstellung der Arbeiten brotlos zu werden; doch wurde versichert, daß keine Arbeitsentlassungen stattfinden würden. Der Vorwurf, die Gegend werde durch Diebstähle der Kanalarbeiter belästigt, wurde vom anwesenden Gendarm widerlegt. Die Arbeiter erklärten, daß sie mit allen Mitteln die Sache betreiben würden, um zu verhindern, daß ein Kulturwerk auf Verlangen einiger Grundbesitzer, die noch mehr Geld haben wollten, hintertrieben werde.

Wie hoch die Wogen der Erregung in diesen Tagen gingen, zeigt der Umstand, daß am gleichen Tage die Arbeiter auf Veranlassung der Unternehmer - wie der Abgeordnete Dr. v. Richter in der Landesversammlung sagte - in Algermissen den Pastor Isensee und den Landwirt Beitzen festnahmen und 8 Stunden einsperrten, während die an der Besprechung beteiligten Abgeordneten im Pfarrhause waren. Die Bauern in Algermissen sollen der Kirche eine neue Glocke versprochen haben, wenn der Kanal nicht gebaut werde.

Während die beteiligten Dörfer alle Anstrengungen machten, den Bau des Kanals zu verhindern, bot die Stadt Hildesheim alles auf, die Wirtschaftlichkeit desselben zu beweisen. In einer Versammlung am 28.8.1919 im Rathaussaal traten Redner dafür und dagegen auf.

Harsum verlor in dieser ernsten Zeit seinen Dechant Mellin, der auch in wirtschaftlichen Fragen so oft sein Berater gewesen war. Er starb am 28.8.1919.

Am 1.9.1919 verhandelte die Regierung mit B. Algermissen, dem Vorsteher der Kommission zur Wahrung der Interessen der durch den Stichkanal betroffenen Gemeinden, und mit dem Abgeordneten Blank über die Linienführung des Kanals, über Zusammenlegung von Restparzellen, besonders aber über die Entschädigung der am schwersten betroffenen Anlieger durch andere Grundstücke, hauptsächlich durch Domänenland.

Die Vertreter der Gemeinden betonten immer wieder ihre prinzipielle Gegnerschaft gegen den Bau des Kanals. Der Abgeordnete Blank erklärte, die Frage, ob der Kanal überhaupt gebaut werden solle oder nicht, könne erst nach der Entscheidung über die Entschädigungsmöglichkeit der Betroffenen ventiliert werden. Es wurde ihm geantwortet, die Frage stehe nicht zur Debatte.

B. Algermissen wandte sich als Vertreter der beteiligten Gemeinden am 28.9.1919 an den Kreistag und verlangte dessen Stellungnahme zum Kanalbau und Unterstützung des Protestes.

Gründe:

1. Wertvolles Ackerland, das mehr als 100 Familien ernähren kann, geht verloren.

2. Viele kleine und kleinste Besitzer verlieren ihre Existenz, bei anderen wird die Existenz in Frage gestellt.

3. Die Kosten - über 40 Millionen Mark – für nicht ganz 15 km sind zu hoch.

4. Der Kanal ist unrentabel.

5. Die Eisenbahnen von und nach Hildesheim sind nicht überlastet.

6. Die Feldarbeiten werden erschwert, da die Äcker durchschnitten werden, die Feldflur wird verschandelt durch die hohenDämme.

7. Der Kanal ist ein Wechsel auf eine unsichere Zukunft.

 

In seiner Sitzung am 16.10.1919 sprach sich der Kreistag gegen den Bau des Stichkanals Sehnde-Hildesheim aus und für die Linie Sarstedt-Hildesheim. Falls aber die Linie Sehnde-Hildesheim erbaut werden sollte, verlangt der Kreistag Entschädigung der Betroffenen in Land.

Auch in der Preußischen Landesversammlung Ende September 1919 wurde die Linie Sarstedt-Hildesheim befürwortet, weil dadurch die notwendige Verbindung zwischen Hannover und Hildesheim geschaffen werde. Es wurde verlangt, daß die Linienführung geprüft, der Kanal für bauwürdig befunden und von der Landesversammlung genehmigt werde. Letzteres war bislang nicht geschehen; der Kanal war von der Demobilkommission als Notstandsarbeit begonnen. Die Linie über Sarstedt mußte aufgegeben werden, da die Speisung des Kanals aus der Innerste wegfiel, weil die Talsperren im Harz nicht zur Ausführung kamen. Man wählte deshalb die um 5 km kürzere und deshalb billigere Linie über Algermissen.

Dann beschäftigte sich im Dezember 1919 die Landesversammlung noch einmal mit dem Stichkanal. Die Abgeordneten Blank und v. Wangenheim brachten in der Landesversammlung den Antrag ein:

Die verfassungsgebende Preußische Landesversammlung wolle beschließen: Die Staatsregierung zu ersuchen, sofort, d. h. ohne Rücksicht auf die in Aussicht genommene Vorlage des Gesamtprojektes des Mittellandkanals für die in Aussicht genommene Kanalstrecke Misburg-Peine und Sehnde-Hildesheim im Wege einer Sondervorlage die Genehmigung der Landesversammlung einzuholen.

Nach lebhafter Debatte, in welcher zum Ausdruck kam, daß die bereits aufgewandten Mittel nicht unnütz ausgegeben sein könnten und deshalb im Interesse der Arbeiter der Bau fortgesetzt werden müsse, kamen folgende beiden Anträge zur Annahme:

Herget (D. N.)

1. Die Staatsregierung wird ermächtigt, die an den Kanalstrecken Misburg-Peine und Sehnde-Hildesheim begonnenen Bauarbeiten als Notstandsarbeiten für einen Teil des in Aussicht genommenen Mittellandkanal fortzusetzen und die entstandenen und noch entstehenden Ausgaben zunächst vorschußweise zu verrechnen.

2. Die Staatsregierung wird ersucht, mit tunlichster Beschleunigung eine Vorlage über den Bau des Mittellandkanals einzubringen.

 

Vom Abgeordneten Blank (Zentrum):

Die Staatsregierung zu ersuchen, den Grundabtretern nach Möglichkeit Ersatz in Land Zug um Zug aus Domänenland und sonst erfaßbaren Ländereien zu gewähren, so daß die kleinen Besitzer nicht in ihrer Erwerbsmöglichkeit beeinträchtigt werden.

Harsum verlor durch den Kanal 11,4 ha Wald (Privat), 6 ha Ackerland (Gemeinde), 16,2 ha Ackerland (Domäne). Nach langen Verhandlungen wurde Harsum aus Domänenland entschädigt und hat sich endlich mit dem Kanal, der so viel böses Blut gemacht hatte, abgefunden.